Ja, ich gebe es zu: Ich fotografiere mein Essen und ja, ich richte es manchmal extra hübsch her um ein Foto zu machen und zum dritten Mal ja, mir ist das manchmal ein wenig unangenehm vor anderen Leuten.
Einer aktuellen Veröffentlichung amerikanischer Wissenschaftlern zufolge (Diehl, Zauberman, & Barasch, 2016) gibt es dazu aber gar keinen Grund. Sogar im Gegenteil, wer schönes Essen oder schöne Momente und Ereignisse mit Handy oder Kamera einfriert, ruiniert damit nicht den Augenblick, sondern genießt ihn sogar noch mehr.
Fotos erhöhen den Genuss
In einer Serie von neun Experimenten bildeten sie jeweils zwei Gruppen, eine Gruppe durfte (und sollte) Fotos machen, während der anderen Gruppe genau das untersagt war. Die Forscher schickten ihre Probanden beispielsweise auf eine Sightseeing-Bustour durch Philadelphia. Die Versuchsteilnehmer, die während der Tour Fotos machen durften, gaben im Anschluss an ihre Stadtrundfahrt an, die Fahrt mehr genossen zu haben.
Eine andere Gruppe Freiwilliger schickten die Forscher zu einem tollen Essen. Auch hier berichteten die Teilnehmer, die Fotos vom Dinner machen durften, das Ereignis mehr genossen zu haben, als die Personen, denen das Fotografieren untersagt war.
Wer fotografiert, schaut genauer hin
Warum ist das so? Um das herauszufinden, schickten die Wissenschaftler eine weitere Gruppe von Probanden, die mit einer Brille ausgestattet waren, die ihre Augenbewegungen aufzeichnete, in ein Museum. Die eine Hälfte der Museumsbesucher erhielt zusätzlich eine Kamera und konnte soviel fotografieren wie sie wollte.
Die Auswertung der Augenbewegungen zeigte, dass die Probanden, die fotografieren wollten, genauer hin sahen. Auf der Suche nach dem perfekten Motiv schenkten sie den Exponaten mehr Aufmerksamkeit, nahmen sie dadurch besser war und genossen ihren Besuch mehr. Dabei ist es nicht wichtig, dass man tatsächlich Fotos schießt. Auch die Suche nach tollen Bildmotiven bringt den gleichen Effekt.
Zwei Einschränkungen
Zwei Einschränkungen gibt es aber zu beachten. Wenn das Fotografieren technisch aufwendig wird, weil man beispielsweise viel Equipment mitschleppen muss, führt dies dazu, dass die Situation weniger genossen wird.
Außerdem sollte man weniger erfreuliche Ereignisse, z.B. ein überteuertes dreckiges Hotelzimmer lieber nicht fotographisch festhalten. Schenkt man dem Zimmer, z.B. auf der Suche nach den schlimmsten Ecken, verstärkt Aufmerksamkeit, bleibt einem die Erfahrung als noch schlimmer in Erinnerung als es eigentlich war.
Literatur
Diehl, K., Zauberman, G., & Barasch, A. (2016). How taking photos increases enjoyment of experiences. Journal of Personality and Social Psychology, 111(2), 119–140.
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