Wer bin ich? Was die Theorie der sozialen Identität dazu sagt.
Psychologen sagen gerne, wir Menschen sind social animals. Das heißt, wir sind soziale Wesen und suchen Anschluss an Gleichgesinnte. Daher definieren wir uns über die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen. Das können je nach Situation und Kontext ganz verschiedene Gruppen sein. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man sich im Fussballstadion eher in die Kategorie Bayern-Fan oder Dortmund-Fan einsortiert und diese Zugehörigkeit auch in diesem Moment als sehr wichtig ansieht. Ist man hingegen in der Uni, sieht man sich eher als Psychologe/BWLer etc. und meistens ist es in diesem Kontext völlig egal welchen Fußballverein man gut findet.
Man kann diesen Gedanken noch weiter spinnen: Stellen wir uns vor, an der Uni ist nun Tag der offenen Tür für Schüler und Abiturienten. Nun ist es weniger wichtig ob man Psychologe oder BWLer etc. ist, wichtig ist jetzt für die Definition des eigenen Selbst, dass man Student ist und kein Schüler.
Es ist sehr leicht zwischen den verschiedenen sozialen Identiäten hin-und herzuwechseln und meist geschieht dieser Wechsel auch ganz automatisch. Jeder von uns möchte ein möglichst gutes Bild von sich haben. Die Bewertung des Selbstbildes hängt auch davon ab, wie erfolgreich die soziale Gruppe ist zu der man gehört. Wie erfolgreich die eigene Gruppe ist, erkennt man am einfachsten wenn man sie mit einer ähnlichen Gruppe (relevant outgroup) vergleicht. Das bedeutet der Fußballverein A vergleicht sich am besten mit einem Nachbarverein B, der in der gleichen Liga spielt wie er. Wenn Fußballverein A nun erfolgreicher (mehre Tore über die Saison, mehr Siege usw.) ist als Verein B, ist alles in bester Ordnung und die Spieler von Verein A werden stolz auf ihren Verein sein. Was aber, wenn Verein B ganz klar die erfolgreichere Saison spielt?
Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten:
1) Mitglieder von Fußballverein A verlassen den Verein und wechseln zum erfolgreicheren Verein B oder
2) Mitglieder des Fußballverein A werten ihre eigene Gruppe auf indem sie den Bezugspunkt des Vergleichs wechseln. So könnten sie z.B. sagen „Verein B ist zwar in der Tabelle weiter oben, aber Technik haben die keine….mutig sind sie und radikal, aber wir spielen den schöneren Fußball, wir spielen wirklich Fußball!“
Derartige Strategien sind im Alltag immer wieder zu beobachten.Ein Beispiel aus der jüngeren politischen Geschichte: Dem US Wahlkampf 2012 in dem Barack Obama gegen Mitt Romney antrat. In der Tabelle sind die Facebook Likes der beiden Herren am Wahltag dargestellt. Barack Obamas Likes oben, die von Mitt Romney in der unteren Zeile.
Man sieht gut wie rasant Matt Romney nach seiner Niederlage Likes verloren hat: Zwischen 15:30 Uhr und 17:55 Uhr waren es 1’741 Likes und 50 min später noch einmal 519 Likes weniger! Warum? Weil keiner Verlierer gut finden will und dadurch selbst zu der Verlierer-Gruppe gehören möchte! Dann lieber die Gewinner: Obama gewann am Wahltag über knapp 4,5 Stunden 7’119 Likes hinzu und seine (neuen) Unterstützer auf Facebook wurden mit dem guten Gefühl belohnt auch ein Teil des Gewinner-Teams zu sein.
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