Media Equation – oder warum wir die Dinge, die uns umgeben, vermenschlichen.
Deine Küchenmaschine heißt Holger, dein Auto Dörte und dein Computer Paul? Manchmal schämst du dich, das vor anderen Leuten zu sagen, weil du Angst hast, sie halten dich dann für verrückt! Musst du nicht, denn es ist völlig normal Objekte, die einen umgeben zu vermenschlichen.
Der Computer „zickt“ heute, das Auto ist noch „müde“ und was ist eigentlich mit dem Ticketautomaten, der meine Münzen nicht schlucken „will“ los? Psychologen nennen das Phänomen der Vermenschlichung von technischen Gegenständen „Media Equation“. Das bedeutet, wir setzten sie echtem Leben gleich = media equal life.
Reeves und Nass (1996) führten hierzu ein Experiment durch. Dabei wurden Probanden vor einen Computer gesetzt, der ihnen 20 Fakten über Amerika lernen sollte. Nach einer Lernphase wurde der Wissenszuwachs der Probanden mit einem Test am Computer überprüft. Dieser Test fand entweder am Computer, an dem die Studienteilnehmer gelernt hatten, oder an einem anderen Computer statt. Im Anschluss an den Test sollten die Teilnehmer bewerten wie gut der Computer sei, an dem sie gerade saßen. Dabei wurde der Computer, an dem die Untersuchungsteilnehmer das neue Wissen angeeignet hatten, signifikant besser bewertet, als der Computer, an dem sie den Wissenstest absolviert hatten. Warum? Die Erklärung der Forscher war, dass die Probanden die Gefühle des Computers, der ihnen all das neue Wissen vermittelt hatte nicht verletzten wollten und ihn daher besser bewertet hatten.
Menschen unterstellen Gegenständen unbewusst, dass sie wie Lebewesen mit uns interagieren und auf unsere Handlungen reagieren können. Genau das ist es, was technische Geräte tun: Sie reagieren auf menschliche Handlungen. Aus evolutionärer Perspektive macht es daher absolut Sinn diese Geräte zu vermenschlichen. Denn in der grauen Vorzeit gab es entweder Lebewesen, die auf uns Menschen reagierten oder Objekte, die das nicht taten. In den letzten hunderten von Jahren ist die technische Entwicklung schneller vorangeschritten, als die neuronale Entwicklung unseres Gehirns. Konsequenterweise reagieren wird deshalb auf Gegenstände, die sich in unserer Wahrnehmung teilweise wie Lebewesen verhalten genauso, wie wir auf ein menschliches Gegenüber reagieren würden. Menschen sind nun mal primär soziale Wesen und können oft nicht anders, als unser Gegenüber auch wie ein soziales Wesen zu behandeln. Dabei kann dieser Gegenüber manchmal auch nur der Ticketautomat am Parkplatz sein.
Reeves, B., & Nass, C. (1996). How people treat computers, television, and new media like real people and places. CSLI Publications and Cambridge university press.
[…] In zwei weiteren Studien ließen die Forscher die Bewegungsgeschwindigkeit von Robotern und Tieren bewerten. In beiden Studien wurden den Robotern und Tieren, die mit mittlerer Geschwindigkeit unterwegs waren, mehr positive menschenähnliche Eigenschaften zugeschrieben. Am besten fielen die Bewertungen aus, wenn sie der Fortbewegungsgeschwindigkeit des Menschen ähnelten. Eine Erkenntnis, die gerade für die Konstruktion der Programmierung von Robotern, die uns im Alltag helfen sollen, äußerst relevant ist. Die Forscher erklären sich dieses Ergebnis damit, dass es Menschen leichter fällt Dinge einzuschätzen, die uns ähneln und irgendwie menschlich sind. Im Umgang mit Menschen sind wir schließlich geübt. […]