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Allgemein

Das Beste kommt zum Schluss

23. April 2017 By Constanze Leave a Comment

Haben Sie Ihre Hand schon mal für 60 Sek. in 14 Grad warmes (oder korrekterweise kaltes) Wasser gehalten? Das klingt erst mal nicht schlimm, ist aber tatsächlich ziemlich unangenehm. Probieren sie das mal zu Hause aus. Ähnlich wie bei der „Zimt-Challenge“ ist das ein Selbstversuch aus der Kategorie „hätte ich nie gedacht, dass das so unangenehm ist“. Wenn man die Wasser-Temperatur um ein Grad erhöht, wird der Versuch einen Ticken angenehmer, verdient aber immer noch nicht das Attribut „Badewannenfeeling“.

Peak End

Der Mensch als homo irrationalis

Daniel Kahneman – übrigens der erste Psychologe, der jemals einen Nobelpreis gewonnen hat – konnte in einer Vielzahl von Studien zeigen, dass Menschen häufig keine rationalen Entscheidungen treffen. In einer sehr bekannten Studie ließen Kahneman und seine Kollegen die Probanden zweimal ihre Hände in kaltes Wasser legen. Einmal für 60 Sekunden in 14 Grad kaltes Wasser und ein weiteres Mal zuerst für 60 Sekunden in 14 Grad kaltes Wasser und direkt im Anschluss noch einmal weitere 30 Sekunden in 15 Grad warmes Wasser. Danach wurden die Probanden gefragt, welche der beiden Optionen sie eher nochmal machen würden. Erstaunlicherweise entschieden sich 70% der Versuchsteilnehmer für die lange Variante (60 Sek. bei 14 Grad + 30 Sek. bei 15 Grad). Eine Entscheidung, die an der Idee vom homo sapiens als rationales vernunftbegabtes Wesen zweifeln lässt. Warum sollte man freiwillig länger als nötig einen aversiven Zustand aushalten?

Das Ende und der intensivste Moment sind entscheidend

Die Liste von scheinbar irrationalen Entscheidungen lässt sich leicht weiterführen. In einer weiteren Studie schickten Kahneman und seine Kollegen ihre Probanden zu einer Darmspiegelung. Ein Prozedere, dass die Mehrheit der Menschen wohl als unangenehm beschreiben würde. Dabei variierte die Dauer der Gastroskopie zwischen vier Minuten bis hin zu 69 Minuten. Interessanterweise gab es keinen Zusammenhang zwischen Dauer der Behandlung und Befinden der Versuchsteilnehmer nach der Behandlung (siehe Abbildung unten). Lediglich der schlimmste Moment und die Stärke des Unwohlseins zum Ende der Behandlung hin waren entscheidend für das Befinden im Anschluss. Kahnman leitete aus diesen Befunden die „Peak-End-Rule“ (zu deutsch die Spitze-End-Regel) ab. Diese Regel besagt, dass zwei Dinge für eine rückblickende Bewertung wichtig sind: Der intensivste Moment und das Ende. Das heißt, dass unsere Erinnerung keinen Mittelwert über beispielsweise alle Urlaubserinnerungen bildet, sondern, dass die Erinnerung primär auf Grundlage der tollsten oder schrecklichsten Erlebnisse und des Urlaubsendes bestehen.

Peak End Rule

Patient A würde die Darmspiegelung rückblickend als unangenehmer beschreiben als Patient B. Obwohl der maximale Schmerz bei beiden Patienten gleich ist, ist das angenehmere Ende bei Patient B ausschlaggebend.

Viele Glückchen in handlichen Stückchen

Dieser Effekt ist interessant für eine Vielzahl alltäglicher Situationen. Sollten Sie Arzt sein, ist es empfehlenswert zum Ende der Interaktion mit dem Patienten möglichst positiv zu gestalten. Haben Sie Gäste zum Essen eingeladen, dann servieren Sie eine Nachspeise, die der absolute Hammer ist und sie werden als super GastgeberIn in die Memoiren ihrer Gäste eingehen. Wenn man das Ganze noch ein wenig abstrakter betrachten will, lassen sich Kahnemanns Studienergebnisse auch so interpretieren:  Viele kleine Glückchen (bzw. im negativen Fall Unglückchen) bleiben am besten  in Erinnerung und können langfristig der Schlüssel zur Lebenszufriedenheit sein.

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Wie war der Urlaub?

1. April 2017 By Constanze 1 Comment

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen,“ schrieb der deutsche Dichter Matthias Claudius vor gut zweihundert Jahren. Aus aktuellem Anlass – ich bin frisch von einer vierwöchigen Reise durch die Philippinen zurück – kann ich sagen, Recht hat er, der gute Mann. Ich könnte zum Beispiel erzählen, dass ich gelernt habe, dass Haie tagsüber schlafen und sich dafür sogar hinlegen. Riffhaie suchen sich dafür ein gemütliches Plätzchen im Korallenriff. Alternativ könnte ich auch berichten, dass die Antwort auf die Frage „Wie viele Leute passen in diesen öffentlichen Mini-Bus?“ immer „one more!“ lautet. Allerdings legt eine aktuelle Studie der Wissenschaftler um Daniel Gilbert der Harvard University nah, dass meine Mitmenschen vielleicht gar kein Interesse an meinen Urlaubsgeschichten haben. Scheinbar genießen Gesprächspartner Unterhaltungen, die sich um bereits bekannte Dinge drehen, viel mehr.

Neue Geschichten sind nicht unbedingt spannender

Die Wissenschaftler führten eine Serie von vier Experimenten durch. Die Versuchsteilnehmer wurden jeweils in Dreier-Teams aufgeteilt und jeder Teilnehmer bekam ein Video zu sehen. Ein Proband bekam im Anschluss daran die Aufgabe seinen beiden Mitstreitern von dem kurzen Film zu berichten, den er eben gesehen hatte. Seine Zuhörer hatten in der ersten Bedingung das Video zuvor ebenfalls gesehen und in der zweiten Bedingung hatten sie ein anderes Video gesehen. Interessanterweise gaben Zuhörer, die zuvor das gleiche Video gesehen hatten bei einer anschließenden Befragung an, die Erzählungen mehr genossen zu haben, als die Probanden, die ein anderes Video gesehen hatten. Ein Ergebnis, das die Vortragenden, Zuhörende und auch die Wissenschaftler selbst überraschte.

Neue Geschichten sind schwieriger zu erzählen

Die Erklärung der Forscher ist, dass neue Geschichten zwar spannender sind, allerdings auch deutlich schwieriger zu erzählen. Haben die Zuhörer das Video selbst gesehen, können sie inhaltliche Lücken im Bericht selbst schließen. Dies verbessert das Verständnis der Zuhörer und somit auch den Genuss maßgeblich. Leider – so die Wissenschaftler – sind wir Menschen im Durchschnitt nur mittelmäßige Geschichtenerzähler, die gerne mal eine wichtige Information vergessen und es den Zuhörern dadurch schwierig machen, zu folgen. Außerdem gefällt es Zuhörern, wenn sie das Gehörte mit eigenen Erfahrungen verknüpfen können und ihre eigenen Erlebnisse mit in das Gespräch einbringen können.

Philippinen

Halte Dich kurz 

Was bedeutet das also für mich? Wie soll ich auf die Frage „Wie war der Urlaub?“ am besten antworten? Die Studienergebnisse legen nahe, dass eine freundliche erfreute und vor allem kurzen Antwort wie „Es war wirklich sehr schön, es war eine tolle Reise“ am besten ist. Einzige Ausnahme: Mein Gegenüber war selbst schon auf den Philippinen oder plant bald dort hinzufliegen.

 

 

Literatur

Cooney, G., Gilbert, D. T., & Wilson, T. D. (2017). The Novelty Penalty: Why Do People Like Talking About New Experiences but Hearing About Old Ones?. Psychological Science, 28, 380-394.

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Mitbewohner gesucht: Haushaltsroboter mit Charakter

29. Januar 2017 By Constanze Leave a Comment

Wie viele Personen wohnen in Ihrem Haushalt und ist darunter vielleicht auch ein robotisches „Familienmitglied“? Kurz nachdem zwischen meinem Wohnort und meinem Elternhaus mehr als 200 km lagen, zog bei meinen Eltern ein neues Haushaltsmitglied ein. Sein Namen ist Rudi, bzw. genauer gesagt Rudi Rastlos. Wie der Name vermuten lässet, handelt es sich hierbei um kein gewöhnliches Familienmitglied und auch nicht um ein Haustier, sondern um einen elektronischen Haushaltshelfer. Rudi ist unser Rasenmäher-Roboter. Eine Freundin von mir, die ebenfalls Psychologin ist, vermutete dahinter eine Art Kompensations-Kauf nachdem „das Kind“ nun so weit weg wohnt.

Haushaltsroboter

Anthropomorphisierung ist menschlich

Wie bereits in einem früheren Artikel diskutiert neigen wir Menschen dazu, Technik und Dinge, die uns umgeben, zu beseelen. Warum schreiben wir Gegenständen, die meist als reine Tools konstruiert wurden, menschliche Eigenschaften und Charakterzüge zu? Die Antwort ist einfach, Menschen sind social animals und Experten im Umgang mit anderen Menschen. Durch die Vermenschlichung von Gegenständen fällt uns der Umgang mit ihnen leichter und viele Menschen können es besser akzeptieren, dass ihr Computer heute „einen schlechten Tag hat“ (das kennt schließlich jeder von sich selbst), anstatt einzusehen, dass es ein technischer Fehler ist bzw. wie in den meisten Fällen ein Nutzer-Fehler.

Haushaltsroboter verhalten sich in der Regel autonom, eine Eigenschaft, die uns zutiefst menschlich erscheint und daher Antrophormisierung prädestiniert. Neben anekdotischen Belegen, wie der von Rudi und Josef, stützen empirische Daten die Behauptung, dass Haushaltsroboter meistens getauft werden. In der Regel wird ihnen auch ein Geschlecht und eine gewisse Persönlichkeit zugeschrieben ( Sung, Printer, & Christensen, 2008 und 2010; Young, Hawkins, Shaolin, & Igarashi, 2009).

Roboter mit Charakter 

Interessanterweise ändert es den Umgang und die positive Einstellung gegenüber dem robotischen Haushaltshelfer dramatisch, wenn er nicht nur als Tool, beispielsweise als Staubsauger, gesehen wird, sondern scheinbar über eine eigene Persönlichkeit verfügt. Niederländische Wissenschaftler (Hendriks et al., 2011) wollten daher wissen, wie der Charakter eines perfekten Haushaltsroboters sein sollte. Die verschiedenen möglichen Persönlichkeiten steckten sie mit Hilfe der „Big Five“ ab. Das Fünf-Faktoren Modell postuliert, dass sich Persönlichkeiten anhand von fünf Hauptdimensionen charakterisieren lassen: Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizimus (siehe Tabelle 1 für mehr Infos zu den einzelnen Dimensionen.

Big Five

Tabelle 1. Eine Übersicht über die fünf Persönlichkeitsfaktoren. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Five_(Psychologie)

Der perfekte Haushaltsroboter

Wie sieht der perfekte robotische Haushaltshelfer nun aus? Fragt man die niederländischen Forscher (Hendriks et al., 2011), würden sie ihn wie folgt beschreiben: Besonnen, jederzeit Herr der Lage, kooperativ, er sollte Routine-Tätigkeiten mögen (nachvollziehbar, wenn man sich die typische Job-Deskription eines Staubsauger-Roboters aussieht), er sollte systematisch arbeiten und höflich sein.

Mein Großvater würde all diese Punkte unterschreiben, aber vor allem die letzten beiden betonen. Er war besonders skeptisch als Rudi bei uns einzog und damit sein Hoheitsgebiet, das Rasenmäher übernahm. Tagelang beobachte er ihn skeptisch um schließlich enttäuscht festzustellen, dass Rudi scheinbar keinem System folge und er deswegen große Zweifel an der Funktionalität des kleinen Helfers hege. Es kam aber noch besser, eines Tages – mein Großvater stand auf der Rasenfläche und überwachte Rudi – fuhr der kleine Roboter einmal von hinten gegen meinen Opa. Kaum hatte er sich umgedreht, fuhr Rudi auch schon in die entgegengesetzte Richtung weg (die einprogrammierte Reaktion, wenn der Roboter auf einen Widerstand stößt). Mein Großvater schimpfte hinter ihm her, der unhöfliche Rudi war aber schon längst in einer anderen Ecke des Gartens verschwunden.

Literatur

Hendriks, B., Meerbeek, B., Boess, S., Paws, S., Sonneveld, M. (2011). Robot Vacuum Cleaner Personality and Behavior. International Journal of Social Robotics, 3,  187-195.

Sung, J., Grinter, R.E., Christensen, H.I. (2010).  Domestic robot ecology: an initial framework to unpack long-term acceptance of robots at home. International Journal of Social Robotics, 2, 417–429.

Sung, J., Grinter, R.E.,Christensen, H.I., Guo, L. (2008). Housewives or technophiles?: understanding domestic robot owners. In: Proceedings of the 3rd ACM/IEEE international conference on human-robot interaction 2008, Amsterdam, The Netherlands, pp. 129–136

Young, J.E., Hawkins, R., Sharlin, E., Igarashi, T. (2009). Toward acceptable domestic robots: applying insights from social psychology. International Journal of Social Robotics, 1, 95–108

 

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Langsam, junge Frau!

29. Dezember 2016 By Constanze Leave a Comment

Es gibt Schleicher, es gibt Spazierer und es gibt mich. Ich bin ein Speed-Geher oder ein Marschierer. Jeder Tag sollte meiner Meinung nach sowieso mindestens 28h Stunden haben, damit ich annähernd für all die Dinge Zeit habe, die ich gerne machen würde. Daher gilt es die Wachzeit zu optimieren. Das geht ziemlich gut, wenn man versucht Wege von A nach B zu beschleunigen. Ein Grund, warum ich gerne mit dem Fahrrad fahre anstatt zu laufen. Geht einfach schneller (bitte entschuldigt den Wortwitz, aber den konnte ich mir nicht verkneifen).

Laufen Wahnsinnige schneller?

 

George Carlin

Wenn der US-Comedian George Carlin recht hat, dann gehöre ich wohl eindeutig in die Kategorie „Maniac“, bin also laut Herrn Carlin eine Wahnsinnige. Was an Behauptung dran ist, hat der amerikanische Marketingprofessor Carey Morewedge mit seinen Kollegen wissenschaftlich untersucht. Die Wissenschaftler interessierte welchen Einfluss die Bewegungsgeschwindigkeit auf die Zuschreibung bestimmter mentaler Fähigkeiten hat. Dafür untersuchte er nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und Roboter.

Die Forscher zeigten den Versuchsteilnehmern in zufälliger Reihenfolge je drei Filme von Menschen, die sich entweder langsam, mittel schnell oder schnell bewegten. Im Anschluss dran sollten die Probanden bewerten wie kompetent, intelligent und clever die jeweiligen Personen seihen. Dabei zeigte sich, dass Personen die mit moderatem Tempo gingen die besten Bewertungen erhielten. Sie wurden als kompetenter, intelligenter und cleverer wahrgenommen.

Laufgeschwindigkeit

Wer langsamer geht, wird positiver eingeschätzt.

Menschenähnliche Geschwindigkeiten werden bevorzugt

In zwei weiteren Studien ließen die Forscher die Bewegungsgeschwindigkeit von Robotern und Tieren bewerten. In beiden Studien wurden den Robotern und Tieren, die mit mittlerer Geschwindigkeit unterwegs waren, mehr positive menschenähnliche Eigenschaften zugeschrieben. Am besten fielen die Bewertungen aus, wenn sie der Fortbewegungsgeschwindigkeit des Menschen ähnelten. Eine Erkenntnis, die gerade für die Konstruktion der Programmierung von Robotern, die uns im Alltag helfen sollen, äußerst relevant ist. Die Forscher erklären sich dieses Ergebnis damit, dass es Menschen leichter fällt Dinge einzuschätzen, die uns ähneln und irgendwie menschlich sind. Im Umgang mit Menschen sind wir schließlich geübt.

Wichtig ist allerdings, dass es sich immer um die relative Geschwindigkeit handelt. Ist man mit älteren Kollegen unterwegs, ist es nicht nur aus Gründen der Höflichkeit empfehlenswert, sich deren Tempo anzupassen. Vielleicht halten die Kollegen einen dann auch für intelligenter und wie bereits Konfuzius wusste „Der Weg ist das Ziel“. Vielleicht sollte auch ich mir das zu Herzen nehmen.

 

Literatur

 Morewedge, C. K., Preston, J., & Wegner, D. M. (2007). Timescale bias in the attribution of mind. Journal of personality and social psychology, 93, 1-11.

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Stimmt so! Die Sache mit dem Trinkgeld

18. Dezember 2016 By Constanze 4 Comments

Heute war ich Kaffeetrinken. Als die nette Kellnerin später zum Kassieren kam, habe ich – ohne lang nachzudenken – aufgerundet. Das macht man ja schließlich so, die deutsche Bezahlkultur schlägt zehn Prozent vor. So einfach ist das. Wenn man ein bisschen länger darüber nachdenkt, ist es allerdings nicht ganz so einfach. Warum gibt man im Café Trinkgeld, aber nicht bei der Physiotherapie oder beim Steuerberater?

Trinkgeld

Als Zeichen der Zufriedenheit, insbesondere mit dem Service, gibt man Trinkgeld. Das ist nicht nur höflich – in vielen Serviceberufen wird das Extrageld im Gehalt mit einkalkuliert.

Warum kriegen manche Berufsgruppen kein Trinkgeld?

Michal Lynn, der sein Psychologie-Studium als Kellner und Barkeeper finanziert hat und heute an der Cornell University in New York lehrt, beschäftigt sich mittlerweile wissenschaftlich mit Trinkgeld. In einer aktuellen Studie, die im Journal of Economic Psychology erschien, befragte er online 1’183 Probanden, um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, warum manche Berufsgruppen Trinkgeld kriegen und andere wieder nicht.

Lynn präsentierte seinen Studienteilnehmern 112 Berufsgruppen und lies sie für jede Berufsgruppe 13 Fragen beantworten: Wie schwierig ist die Ausübung des Berufs? Ist es wahrscheinlich, dass man noch einmal die Dienste der entsprechenden Person in Anspruch nimmt? Wird die Tätigkeit fair bezahlt? Im Anschluss wurden die Umfrageteilnehmer gefragt, ob sie Trinkgeld geben würden.

Trinkgeld soll Ungleichheiten ausgleichen 

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kunden vor allem finanzielle und emotionale Ungerechtigkeit ausgleichen wollen. Daher kriegen die junge Dame oder der junge Mann im Kaffee einen Euro extra, weil „man ja in der Gastronomie eh nichts verdient“. Ähnliches gilt für den Lehrling beim Frisör, der nur Haare waschen darf. Friseur-Lehrlinge werden immer noch unterdurchschnittlich schlecht bezahlt, daher gibt es für den Lehrling am Schluss noch zwei Euro „die sind für Sie“. Auch wenn der Dienstleister ein wenig traurig wirkt, hat das einen positiven Einfluss auf das Trinkgeld. Der Kunde möchte den armen Taxifahrer, der ihn zum Flughafen bringt, aber nicht in den Flieger nach Kreta steigen darf, ein wenig aufmuntern und sein soziales Gewissen beruhigen.

Außerdem geben Menschen gerne Trinkgeld, wenn sie einen auf sie zugeschnittenen speziellen Service genossen haben. „Mandelmilch in den Kaffee, kein Problem, für Sie doch immer!“

Interessanterweise hat es keinen Einfluss auf die Höhe des Trinkgelds, ob man erwartet, auch zukünftig von der gleichen Person eine Diensteistung in Anspruch zu nehmen. Genausowenig war die Höhe des Trinkgelds abhängig von der Dauer und Intensität des Kontakts von Angesicht zu Angesicht.

Tricks für mehr Trinkgeld

Wissenschaftler haben sich nicht nur damit beschäftigt warum man Trinkgeld gibt, sondern auch mit Tricks um mehr Trinkgeld zu bekommen. Zwei Tricks scheinen gut zu funktionieren: Erstens, die Reziprozitätsregel. Wenn man etwas geschenkt bekommt, will man auch etwas zurück geben. Denken Sie an diese Regel, wenn sie mal wieder ein Bonbon zu ihrer Rechnung bekommen. Ausserdem hilft – wie so oft im Leben – ein Lächeln, zumindest für Frauen. Weibliche Bedienungen bekamen in einer Studie 5% mehr Trinkgeld, wenn sie einen Smiley auf die Rechnung malten. Männer sollten das Zeichnen lieber lassen. Bei ihnen hatten die fröhlichen Gesichter einen gegenteiligen Effekt.

Literatur

Lynn, M. (2016). Why are we more likely to tip some service occupations than others? Theory, evidence, and implications. Journal of Economic Psychology, 54, 134-150.

Rind, B., & Bordia, P. (1996). Effect on restaurant tipping of male and female servers drawing a happy, smiling face on the backs of customers‘ checks. Journal of Applied Social Psychology, 26, 218-225.

Strohmetz, D. B., Rind, B., Fisher, R., & Lynn, M. (2002). Sweetening the till: The use of candy to increase restaurant tipping1. Journal of Applied Social Psychology, 32, 300-309.

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Hallo Google, suche Traumprinz

1. Dezember 2016 By Constanze Leave a Comment

Bereits jeder dritte Deutsche hat sich laut einem Artikel auf heise online schon einmal online auf Partnersuche begeben. Plattformen gibt es mittlerweile viele, sei es für „Akademiker und Singles mit Niveau“, wo zu Beginn erst einmal ein mehrseitiger Persönlichkeitstest ausgefüllt werden muss, oder Apps, die sich auf „Casual Dating“ spezialisiert haben und sich – vorsichtig formuliert – primär auf äußere Werte konzentriert.

Dabei ist Online-Dating nicht nur eine neue Möglichkeit potentielle Partner für kurz- oder langfristige Beziehungen kennen zu lernen, sondern auch ein riesen Wirtschaftsfaktor: Pro Jahr werden mit Online-Dating-Diensten 200 Millionen Euro eingefahren.

Online-Dating

Auf der Suche nach der ganz großen Liebe, verlassen sich immer mehr Menschen auf das World Wide Web.

Online zum Eheglück

Kann man über diese Online-Dienste die Eine oder den Einen finden und bis ans Lebensende glücklich sein? Mit dieser Frage haben sich John T. Cacioppo und sein Team beschäftigt. Die Wissenschaftler untersuchten wie zufrieden verheiratete Paare sind und ob es einen Zusammenhang mit der Art des Kennenlernens gibt. Cacioppo und Kollegen befragten hierfür 19.131 US-Bürger, die zwischen 2005 und 2012 geheiratet hatten. Sie fragten die Teilnehmer nicht nur wie sie ihren Ehepartner kennen gelernt hatten, sondern auch ob bereits eine Trennung erfolgt ist bzw. falls sie noch zusammen sind, wie glücklich und zufrieden sie mit ihrer Partnerschaft seien.

Ein erstes interessantes Ergebnis der Studie war, dass über ein Drittel der Teilnehmer (35%) angaben, ihren Partner online kennen gelernt zu haben. Die Hälfte davon hatte sich auf Dating-Seiten kennen gelernt und die andere Hälfte auf sozialen Netzwerkseiten, in Foren oder bei Online-Spielen. Spannend ist auch, dass unter den getrennt lebenden oder geschiedenen Paaren, mehr Paare waren, die sich offline kennen gelernt hatten (7.67% der Offline-Paare im Vergleich zu 5.96% der Online-Paare).

Sind Paare, die sich online kennen gelernt haben zufriedener?

Auch bei der Ehe-Zufriedenheit hatten die Paare, die sich online kennen gelernt haben, die Nase leicht vorne. Selbst wenn weitere Faktoren wie die Anzahl der Ehejahre oder die Religion der Befragten berücksichtigt wurden, berichteten die „Online-Paare“ aktuell zufriedener mit ihrer Ehe zu sein, als die Paare, die sich offline kennen gelernt haben.

Liebesbotschaften werden immer öfter online verschickt.

Liebesbotschaften werden immer öfter online verschickt.

Online-Dating: der sichere Weg zum Beziehungs-Glück?

Bevor sich nun alle Singles nach Lesen des Beitrags sofort bei Tinder, Elitepartner oder friendscout24 und was es sonst noch so gibt, anmelden, sei relativierend angemerkt, dass die berichteten Effekte zwar statistisch signifikant waren, aber die Stärke der Effekte sehr klein ist. Außerdem haben Psychologen zahlreiche andere Faktoren identifiziert, die neben der Art des Kennenlernens wichtig für die Ehezufriedenheit sind.

Zudem waren die in der Studie untersuchten Ehepaare im Schnitt sechs Jahre verheiratet. Billy Wilder würde daher argumentieren, dass die Ergebnisse wohl ganz anders aussehen könnten, wenn man die Untersuchung in zwei bis drei Jahren – nach dem verflixten siebten Jahr – wiederholen würde.

Für alle Leser, die am liebsten offline auf Partnersuche gehen wollen, noch ein kleiner Hinweis: Auf Grundlage der Studienergebnisse ist es am vielversprechendsten im „real life“, also im Freundeskreis oder aber unter ehemaligen Schulkameraden oder Sandkastenfreunden nach potentiellen Partnern zu suchen. Aber Vorsicht: Liebeleinen am Arbeitsplatz sind eher wenig zukunftsträchtig.

 

 

Literatur

Cacioppo, J. T., Cacioppo, S., Gonzaga, G. C., Ogburn, E. L., & VanderWeele, T. J. (2013). Marital satisfaction and break-ups differ across on-line and off-line meeting venues. Proceedings of the National Academy of Sciences, 110(25), 10135-10140.

 

 

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Kleider machen Leute

31. Oktober 2016 By Constanze 2 Comments

Früher, also so vor ca. 300`000 Jahren waren viele Dinge komplizierter, manche aber auch deutlich einfacher, z.B. die morgendliche Wahl des #ootd (für alle Leser über 16: Das „outfit of the day“, neudeutsch für Kleiderwahl).

Flott ein Tierfell übergeworfen und mit ein paar Nadeln befestigt und man war optisch gerüstet für den Tag. Das Tierfell als Universal-Kleiderstück war auch extrem praktisch: Im Sommer nicht zu warm und sogar atmungsaktiv, im Winter schön kuschelig. Soweit meine naive Vorstellung bis ich auf einen Artikel von Olga Soffer, James Adovasio und David Hyland von der University of Illinois in Urbana-Champaign gestoßen bin. Bereits in der Steinzeit verfügten einige Leute über richtige Kleiderschränke mit Haarnetzen, Mützen, Röcken, Gürteln und verschiedenen Oberteilen. Dazu kamen noch schmucke Accessoires wie Armbänder und Ketten. Und nein, das war nicht alles aus Fell. Mittlerweile weiß man, dass die Steinzeitfrauen Stoffe aus verschiedenen Pflanzenfasern herstellen konnten.

Der modebewusste Steinzeitmensch

Offenbar war es den Menschen bereits vor tausenden von Jahren wichtig wie sie gekleidet waren und gaben sich nicht mit reiner Funktionalität zufrieden. In der Psychologie ist das Thema „Kleidung“ eher ein Nischeninteresse. Die wenigen Arbeitsgruppen, die sich damit beschäftigen, berichten aber durchaus spannende Dinge.

Forscher konnten zeigen, dass Kleider sowohl durch ihre symbolische Bedeutung wie auch durch die tatsächliche physische Erfahrung einen Effekt auf den Träger haben können. Das bedeutet, dass Kleider nicht nur beeinflussen was andere von uns denken, sondern dass sie auch einen Einfluss auf unser Selbst haben können.

 

Kann ein Arztkittel wirklich die Leistung verbessern?

Kann ein Arztkittel wirklich die Leistung verbessern?

Arztkittel fördern die Leistung

Amerikanische Wissenschaftler ließen Probanden einen Aufmerksamkeitstest bearbeiten. Der Hälfte der Teilnehmer gaben die Forscher einen Arztkittel zum Drüberziehen, während die andere Gruppe den Test in ihren normalen Kleidern absolvierte. Erstaunlicherweise schnitten die Teilnehmer, die einen Laborkittel trugen, besser ab. Die Forscher erklärten sich den Effekt dadurch, dass Arztkittel mit aufmerksamem und sorgfältigem Verhalten in Verbindung gebracht werden.

Kittel ist nicht gleich Kittel

Für den konzentrationsfördernden Effekt kommt es allerdings darauf an, was man mit einem Kleidungsstück verbindet. In einer zweiten Studie bekamen alle Teilnehmer einen weißen Kittel angezogen. Der einen Hälfte wurde gesagt, dass es sich dabei um einen Arztkittel handelte, während der anderen Hälfte erklärt wurde, es handle sich um einen Malerkittel. Hier waren die Probanden mit dem vermeintlichen Arztkittel deutlich besser.

In einer weiteren Studie untersuchten die Wissenschaftler, ob es vielleicht sogar ausreicht nur an einen Arztkittel zu denken. Die Antwort lautet leider nein.Den Kittel vor Augen zu haben oder über seine Bedeutung nachzudenken hatte keinen konzentrationsfördernden Effekt.

Offenbar ist es wichtig, das Kleidungsstück am eigenen Körper zu spüren und sich selbst damit zu sehen. In Verbindung mit der symbolischen Bedeutung können Kleidungsstücke Einfluss auf kognitive Prozesse haben. Daher sprechen die Forscher von enclothed cognition (auf Deutsch in etwa „angezogene Wahrnehmung“).

Wenn ein Arztkittel nun dabei hilft die Leistung bei Aufmerksamkeitstest zu steigern, was passiert dann, wenn man den gleichen Test in Jogginghose löst? Machen Schlabberklamotten doofer? Möglich, dass es den Effekt auch in die andere Richtung gibt. Würde das bedeuten, dass Personen, die viel Zeit, Mühe und Geld in ihr Äußeres investieren zu unrecht als oberflächlich abgestempelt werden? Denn eigentlich verhalten sie sich nur sehr clever? Diese Frage lässt sich so einfach nicht klären. Trotzdem – um auf Nummer sicher zu gehen – macht es vielleicht Sinn sich vor dem nächsten wichtigen Telefonat einen Kompetenz-Blazer überzustreifen. … oder am Morgen ein paar Minuten mehr für die Kleiderwahl zu verwenden.

 

Literatur

Adam, H., & Galinsky, A. D. (2012). Enclothed cognition. Journal of Experimental Social Psychology, 48(4), 918-925.

Soffer O., Adovasio J.M., Hyland D.C. 2000. — The “Venus” figurines: Textiles, basketry, gender and status in the Upper Paleolithic. Current Anthropology, 41(4), p. 511-537.

 

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Ein wissenschaftliches Plädoyer für mehr Essenbilder

14. Oktober 2016 By Constanze Leave a Comment

Ja, ich gebe es zu: Ich fotografiere mein Essen und ja, ich richte es manchmal extra hübsch her um ein Foto zu machen und zum dritten Mal ja, mir ist das manchmal ein wenig unangenehm vor anderen Leuten.

Food Fotographie

Dieses Foto hat die liebe Johanna von http://www.thriftywholesome.com gemacht. Dort gibt es noch mehr tolle Essensbilder inkl. Rezept zu sehen.

Einer aktuellen Veröffentlichung amerikanischer Wissenschaftlern zufolge (Diehl, Zauberman, & Barasch, 2016) gibt es dazu aber gar keinen Grund. Sogar im Gegenteil, wer schönes Essen oder schöne Momente und Ereignisse mit Handy oder Kamera einfriert, ruiniert damit nicht den Augenblick, sondern genießt ihn sogar noch mehr.

…

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Indianer weinen nicht

7. Oktober 2016 By Constanze 2 Comments

… Indianerinnen schon

Tränen sind aus psychologischer Sicht eine spannende Sache. Alle Säugetiere können weinen. Im Laufe der Evolution erwies es sich als sinnvoll Tränenflüssigkeit zu produzieren. Durch sie wird die Hornhaut des Auges feucht gehalten und unerwünschte Fremdkörper können ausgeschwemmt werden. Darüber hinaus könnten Tränen eventuell auch die Nasenlöcher feucht halten, mutmaßte Darwin vor über 150 Jahren in „Der Ausdruck von Emotionen bei Mensch und Tier“.

Boys don't cry

Nur Menschen können emotionale Tränen vergießen

Der Mensch ist das einzige Säugetier, das emotionale Tränen vergießt. Babys können bereits ab der dritten Lebenswoche weinen und Tränchen verdrücken. Damit senden sie ein wichtiges Signal an ihre Umwelt, dass zumeist die Fürsorge der Eltern zur Folge hat. Eine sinnvolle Idee der Evolution, da menschliche Sprösslinge im Vergleich zu ihren tierischen Verwandten vergleichsweise lange vom Schutz ihrer Eltern abhängig sind.

Weinen tun alle. Manche mehr – manche weniger

Frauen weinen im Schnitt 3,3-mal im Monat, Männer nur halb so oft. Im weltweiten Vergleich weinen Schwedinnen und Brasilianerinnen am meisten. Die männliche Liste der Heulsusen führen die Italiener an. Deutsche Frauen und Männer belegen Platz drei eines Rankings aus 37 Staaten.

Auslöser müssen nicht immer vermeidlich hoch-emotionale Momente wie eine Hochzeit oder eine Beerdigung sein. Laut einer Umfrage von Kleenex sind Filme oder Bücher oft dazu in der Lage Rezipienten zu Tränen zu rühren. Geweint wird vor allem zuhause oder auf der Toilette, wenn die Gefühle einen in der Öffentlichkeit übermannen. Denn Weinen in der Öffentlichkeit zieht in der Regel das Gefühl von Scham nach sich.

Wie der Körper auf Weinen reagiert

Weinen hat zur Folge, dass zunächst eine unangenehme Erregung zu spüren ist. Der Puls steigt an und häufig ist Schwitzen die Folge von hemmungslosem Schluchzen. Die Schnappatmung, die häufig mit Heul-Attacken einhergeht, zehrt an den Kräften und hat häufig Kopfschmerzen und Müdigkeit zur Folge.

Lass es raus!

Was ist nun dran an der landläufigen Meinung, dass es gut tue seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und sich mal so richtig auszuweinen? Wie so oft in der Wissenschaft, lautet auch hier die Antwort „es kommt drauf an“. Psychologen der Universität Tilburg analysierten 3000 Weinsituationen außerhalb des Labors. In zwei Drittel der Fälle gaben die Probanden an sich nach dem Weinen besser zu fühlen. Die restlichen 33 Prozent gaben an, dass das Weinen nicht zu einer Verbesserung ihres Befindens geführt hatte. Ein Zehntel gab sogar an sich danach noch mieser zu fühlen.

Auf der Negativseite ist außerdem festzuhalten, dass emotionale Tränen von Frauen nicht gerade sexuell anziehend auf Männer wirken. Eine Gruppe israelischer Wissenschaftler lies Männer an Taschentüchern riechen mit dem Frauen zuvor ihre Tränen während eines emotional aufwühlenden Films aufgefangen hatte. Bei männlichen Probanden, die an den Taschentüchern rochen, zeigte sich ein deutlicher Rückgang des Testosteron-Spiegels. Zudem registrierten die Wissenschaftler weniger Aktivität in Hirnregionen, die in Zusammenhang mit sexueller Erregung stehen.

Tränen vor anderen zu vergießen hat aber auch zahlreiche Vorteile. Forscher konnten zeigen, dass die Gesichter trauriger wirken, wenn Tränen zu sehen sind, selbst wenn der Gesichtsausdruck völlig identisch ist. Weinen stellt also vor allem ein wichtiges soziales Signal dar: Aus Gleichgültigkeit wird Mitgefühl aus Wut Verständnis.

Kulturelle Unterschiede – Boys don’t cry

Beim Thema „Weinen“ spielt die kulturelle Komponente eine große Rolle. Während Weinen in unserem Kulturkreis häufig als unmännlich gilt, sieht das beispielsweise in Japan schon ganz anders aus. Als sich Toyota-Boss Akio 2010 für eine Pannenserie vor seiner versammelten Belegschaft entschuldigte, fing er hemmungslos an zu weinen. Eine Geste die in Japan durchaus üblich ist.

Das Phänomen Weinen wurde von der psychologischen Forschung bisher wenig untersucht. Dies liegt vor allem daran, dass es eine methodische Herausforderung für die Forscherinnen und Forscher darstellt: Probanden im Labor zum Weinen zu bringen ist nicht so einfach. Nein, Tränengas ist hier keine Lösung, es sollten schon emotionale Tränen sein.

 

Literatur

Hendriks, M. C. P., Nelson, J. K., Cornelius, R. R., & Vingerhoets, A. J. J. M. (2008). Why crying improves our well-being: An attachment-theory perspective on the functions of adult crying. In A. J. J. M. Vingerhoets, I. Nyklicek, & J. Denollet (Eds.), Emotion regulation: Conceptual and clinical issues. (pp. 87-96). New York: Springer.

Gelstein, S., Yeshurun, Y., Rozenkrantz, L., Shushan, S., Frumin, I., Roth, Y., & Sobel, N. (2011). Human tears contain a chemosignal. Science, 331(6014), 226-230.

Peter, M., Vingerhoets, A. J., & Van Heck, G. L. (2001). Personality, gender, and crying. European Journal of Personality, 15(1), 19-28.

Provine, R. R., Krosnowski, K. A., & Brocato, N. W. (2009). Tearing: Breakthrough in human emotional signaling. Evolutionary Psychology, 7(1), 52-56.

Rottenberg, J., Bylsma, L. M., & Vingerhoets, A. J. (2008). Is crying beneficial?. Current Directions in Psychological Science, 17(6), 400-404.

 

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Der Keks hat mich einfach so angelacht!

11. April 2016 By Constanze Leave a Comment

Die Auswirkungen von vermenschlichten Produkten auf unsere Selbstkontrolle.

Ostern ist vorbei und jetzt mal Hand aufs Herz: Lebt ihr Schoko-Osterhase noch, oder hat er sie einfach so angelächelt, dass sie nicht widerstehen konnten und ihm zumindest die Ohren abgeknabbert haben?

 

 

Keks

 

Ob verschmitzt grinsende Osterhasen, sprechende Schokoriegel oder Bärchenwurst, Produkte zu vermenschlichen ist ein beliebter Marketing-Trick (Aggarwal & Mc Gill, 2012). Schmecken Lebensmittel dadurch besser? Wohl nicht, allerdings konnte eine Studie von Wissenschaftlern aus den USA, Deutschland und Südkorea zeigen (Hur, Koo & Hofmann, 2015), dass Lebensmittel mit menschlichen Zügen offenbar unsere Selbstkontrolle beeinträchtigen: Wir essen sie offenbar mit leichterem Gewissen.

In einer Serie von sechs Studien untersuchten die Wissenschaftler auf unterschiedliche Art und Weise, inwieweit es beispielsweise einen Unterschied macht, wenn einem Keks ein Gesicht aufgemalt wurde (siehe Abbildung) oder in der Produktbeschreibung der Konsument in der ich-Form vom Produkt direkt angesprochen wurde.

OriginalAbb

Kekse mit Gesicht verführen

Interessant ist, dass vermenschlichte Produkte keineswegs als attraktiver wahrgenommen wurden. Jedoch führt beispielsweise ein Keks mit Gesicht dazu, dass man die Verantwortung (soll ich den jetzt wirklich essen, oder nicht?) weniger bei sich selbst sieht. Der kleine Keks guckt ja so freundlich! Dies führt dazu, dass man den Konflikt zwischen der Versuchung „Keks essen“ und langfristigen Zielen wie z.B. „ich möchte abnehmen“ weniger stark wahrnimmt. Man gibt also Verantwortung an den Keks ab und fühlt sich weniger verantwortlich für sein Tun als bei gesichtslosen Plätzchen. Darüber hinaus haben die Probanden der Studie sich nicht nur leichter dafür entschieden den Keks zu essen, sondern bei einer Geschmacksprobe auch weit mehr der Kekse mit Gesicht gegessen, als die Probanden, die gesichtslose Kekse verköstigen durften.

Achtung also, wenn sie nächstes Mal so ein kleines süßes Ding anlächelt, der tut nur so freundlich und wenn die Waage dann ein Kilo mehr anzeigt, übernimmt der Keks keinerlei Verantwortung dafür. Denn die liegt immer noch bei uns selbst.

Autorin: Constanze Schreiner

Literatur

Aggarwal, Pankaj and Ann McGill (2007), “Is That Car Smiling at Me? Schema Congruity as a Basis for Evaluating Anthropomorphized Products,” Journal of Consumer Research, 34 (4), 468–79.

Hur, J. D., Koo, M., & Hofmann, W. (2015). When temptations come alive: How anthropomorphism undermines self-control. Journal of Consumer Research, 42(2), 340-358.

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